27. Mar 2019

Der Brexit – Fluch und Segen für die deutsche Immobilienwirtschaft?

Der Brexit – kommt er oder kommt er doch nicht? Wenn ja, wann? Fragen, die sich ganz Europa derzeit stellt. Und wenn er letzten Endes vollzogen wird, welche Folgen hat das für die europäischen Mitgliedsstaaten und ihre Wirtschaft? Auch für die Immobilienwirtschaft in Deutschland ist ein Brexit noch nicht ganz einzuordnen – wird sie profitieren können oder vor eine große Herausforderung gestellt?

 

Brexit für die Immobilienwirtschaft schwer kalkulierbar

Nach den Entscheidungen gegen den von Premierministerin Theresa May vorgelegten Brexit-Deal, auch mit jeglichen Anpassungen, und der Verlegung des Austrittsdatums stehen wir immer noch vor dem Rätsel, wann und wie der Brexit vonstattengehen könnte. Auch ein ungeordneter Brexit ist noch immer nicht vom Tisch. Die deutsche Immobilienbranche zeigt sich aber auch hinsichtlich eines harten Brexits relativ entspannt – dieses Stimmungsbild spiegelt sich in einer Umfrage der Immobilienzeitung wider: Rund 37 Prozent der Antwortenden sehen gar keine und gut 25 Prozent sogar positive Folgen für ihr Geschäft. Die Konsequenzen des EU-Austritts bei weitem aber immer noch alles andere als klar. Der Prozess ist nicht kalkulierbar, weil sich die Lage stetig ändert.

 

Immobilienfinanzierer selbst für “No-Deal-Brexit“ gerüstet

Das schlimmste Szenario für europäische und britische Unternehmen, ohne bindende Vereinbarung miteinander Handel treiben zu müssen, ist leider auch noch nicht vom Tisch. Großbritannien gälte in den Augen der EU-Mitgliedsstaaten dann als „Drittland“ und hätte damit einen ähnlichen Status wie die USA oder China – nur ohne ein gültiges Handelsabkommen. Das hätte besonders für deutsche Immobilienfinazierer gegebenenfalls entsprechende Folgen. Denn besonders sie sind auf dem britischen Immobilienmarkt längst eine feste und sehr konkurrenzfähige Größe geworden. Für international aktive Fondsmanager stand Großbritannien als großer und liquider Immobilienmarkt stets ganz oben auf der Liste der Anlageziele. Das könnte sich ändern, sollten aufgrund des Brexits verursachte Wertverluste auf die Branche zukommen. Aber selbst für den Fall, dass sich die Finanzierungsstrukturen verschlechtern sollten, hat die Branche laut Experten vorsorglich ausreichend Puffer bzw. Eingriffsmöglichkeiten eingebaut, sodass ein Kreditausfälle bzw. Einzelwertberichtigungen unwahrscheinlich sind.

In der Branche werden weitestgehend alle Anzeichen einer Panik vor dem Brexit vermieden. Das mag auch daran liegen, dass Immobilien, anders als andere Güter, nicht exportiert bzw. importiert werden. Eine Immobilie wechselt den Eigentümer, aber nicht die Adresse – viele der drängendsten Probleme, die z.B. Industrieproduzenten angesichts kilometerlanger Lastwagenschlangen und unkalkulierbarer Zollforderungen umtreiben, fallen schlicht weg. Trotzdem betrachten die deutschen Immobilienfinanzierer die Entwicklung in Großbritannien momentan vorsichtig – Neugeschäfte werden bei vielen nur noch in eingeschränkter Form angestrebt.

 

Wohl und Übel für die deutsche Immobilienwirtschaft

So bleibt die deutsche Immobilienbranche generell vom Brexit nicht gänzlich unberührt. Nahezu alle großen, in Deutschland marktführenden Maklerkonzerne haben ihre Europazentrale in der britischen Hauptstadt London. Eine Verlegung dieser – und der Zentralen vieler anderer Unternehmen – ist daher nicht ausgeschlossen und wird im schlimmsten Fall unumgänglich sein. Wohl und Übel für den deutschen Immobilienmarkt. Einerseits würde mit dem Zuzug, der ursprünglich in Großbritannien niedergelassenen Unternehmen, ein positiver Effekt entstehen. Das Segment der Büroimmobilien könnte einen noch größeren Boom erleben, als er derzeit bereits stattfindet. Andererseits würde der Markt, insbesondere in unseren Metropolen, wie Berlin, Frankfurt und Co. vor noch größere Herausforderungen gestellt werden. Der jetzt schon bestehende Mangel an Büroimmobilien würde sich weiter verschärfen.

 

Frankfurt a. M. als Bankenstandort als Beispiel

Für den Bankenstandort Frankfurt wäre ein solches Szenario beispielsweise Fluch und Segen zugleich. Denn die Finanzbranche reagiert schon seit einiger Zeit auf die Entwicklungen in Großbritannien und verlagert Arbeitsplätze und Niederlassungen vom Inselstaat vor allem Richtung der deutschen Bankenmetropole. Folge wäre eine drastisch erhöhte Nachfrage an größeren zusammenhängenden Immobilienflächen. Somit können sich deutsche Immobilienbesitzer zukünftig auf immer weiter steigende Immobilienpreise freuen. Durch den Umzug der Finanzbranche werden jedoch nicht nur Büroräume benötigt. Es könnte auch zu einer steigenden Anfrage nach Wohnimmobilien kommen. Höhere Quadratmeter- und Mietpreise sind die Folge. Eine große Herausforderung für den ohnehin angespannten Immobilienstandort in Frankfurt am Main und vielen weiteren deutschen Metropolen.

 

Der Brexit und die Entwicklung der Immobilienpreise

Der Brexit spielt also eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Immobilienpreise. Denn so unstrukturiert, wie die Verhandlungen zum Brexit aktuell ablaufen, werden sich diese auch auf unseren Immobilienmarkt auswirken. Der Zustrom von Briten und Unternehmen in die Großstädte der EU, darunter natürlich auch die deutsche Metropole, ist seit Beginn der Verhandlungen gestiegen – dabei gehen vor allem die finanziell unabhängigen Briten mit einem sicheren Einkommen diesen Schritt – dies kann durchaus dazu führen, dass die Preise für Immobilien hierzulande nochmals ansteigen.

Ein schlechtes Omen also für die Mieter auf dem angespannten deutschen Immobilienmarkt. Ein gutes für die Immobilienwirtschaft? Welche Folgen und welche weiteren indirekten sowie direkten Auswirkungen der Brexit aber letzten Endes auf unsere Immobilienwirtschaft haben wird, werden wohl erst dann ersichtlich, wenn er letztendlich vollzogen ist.

 

Foto: Chris Lawton auf Unsplash

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